Wasserballett am Ring

Drei Tage mit erstklassigem historischem Motorsport am Nürburgring und zahlreichen Highlights – das wollte uns der BELMOT Oldtimer‑Grand‑Prix am vergangenen Wochenende bescheren.

Nürburgring, schon wieder? Ja, richtig. Als Hauptbestandteil der deutschen historischen Automobilmeisterschaft wurde auch der 6. Lauf zur Historic Championship 81 auf der Traditionsstrecke in der Eifel ausgetragen. Zum 52ten Mal fand in diesem Jahr der sogenannte „OPG“ statt. OGP, das bedeutet Klassentreffen der Tourenwagenstars. Die waren am Wochenende zu Hauf vertreten, in sämtlichen Serien, aus aller Herren Länder, sogar aus Australien waren sie angereist.

So auch in der HC-81, was ein gut gefülltes Starterfeld bedeutete. 55 Fahrzeuge hatten dort gemeldet, die GP-Strecke unsicher zu machen. Unter ihnen, natürlich auch wieder unsere unerschrockenen MCK-Sportfahrer. So hatten sich Marc Roessle und Hans-Gerd Brauneiser einiges vorgenommen. Ihr Einsatzgerät, der originale Gruppe 1B Sinziger Ford Escort RS2000 MK2. Zuverlässig, schnell und immer top vorbereitet. Dies galt auch für Andreas Fricke, der diesmal wieder mit dabei war und seine Alpine A110 ausführen wollte.

53 Mitbewerber, da wollte man natürlich gut aussehen, besonders im Bezug auf die Gesamtplatzierung. Denn klassentechnisch war man leider erneut Alleinunterhalter, kein anderes Fahrzeug war sowohl in der 1975er, als auch in der 1981er 2 Liter Klasse genannt. Nun gut, somit konnte zumindest niemand den erwarteten Klassensieg streitig machen.

Drei Tage Motorsport, theoretisch ja, praktisch sagte der Zeitplan aber leider etwas Anderes. So war nach vielem hin und her die HC-81 letztendlich die einzige Serie, die Qualifying und Rennen am gleichen Tag, nämlich dem Samstag austragen sollte. Alles Andere war warten.

Wettertechnisch ergab sich so eine höchst brisante Konstellation. Denn laut Vorhersage sollte es im Laufe des Nachmittags und Abends immer wieder mal regnen. Ein Lotteriespiel. Na ja, zumindest fürs morgentliche Qualifying gab es Entwarnung, alles trocken. Hier zeigten Marc, Hans Gerd und der Escort erneut keinerlei Schwächen, spulten die 30 Minuten absolut problemlos ab. Jedoch musste man nach dem Abwinken und einem Blick auf den Zeitenmonitor feststellen, das anscheinend alle ihre Hausaufgaben gemacht hatten. Dazu kam noch, dass am Ring viele spezielle, teilweise auch deutlich schnellere Fahrzeuge als Gaststarter mit dabei waren, die den Rest der Saison bislang pausiert hatten. Zu denen zählte auch Andreas, der seiner Alpine so richtig die Sporen gab.

So fand sich der Escort am Ende auf dem 46. Gesamtrang von 55 Fahrzeugen wieder. Und das, obwohl die Rundenzeiten des Gruppe 1B Escorts absolut beachtlich waren. Das gesamte Feld war irgendwie schneller geworden, somit spiegelte das Ergebnis die Leistung nicht wirklich wieder. Andreas schaffte den guten 27. Gesamtrang.

Doch leider war das Training nicht spurlos an der Alpine vorbeigegangen. So gab es Probleme mit dem Antriebsstrag. Ausgerechnet jetzt, wo doch der Zeitplan eh schon so eng war. In Windeseile wurden alle Hebel in Bewegung gesetzt um zu reparieren.

Und dann da war ja noch das unberechenbare Eifelwetter. Und das legte gegen Mittag so richtig los. Sturmböen, Starkregen, das volle Programm. Kurz darauf dann wieder Sonnenschein. Verrückt.

Dies wiederholte sich noch ein paar Mal. Strecke nass, Strecke trocken, Strecke nass, Strecke trocken… langsam wurde es Abend und damit auch ernst. Und es drohte erneut Unheil von oben durch aufziehende Wolken. Jetzt musste ein Plan her, kurz vor dem Start. Die Köpfe rauchten.

Pünktlich um 18 Uhr rollte der Sinziger Escort in den Vorstart. Am Steuer… Marc Roessle! Überraschung! Aufgrund der unübersichtlichen Wetterlage hatte sich Teamstratege Thorsten Bürvenich spontan für einen Fahrertausch entschlossen. Roessle sollte diesmal eröffnen, war somit zum ersten Mal Startpilot in diesem Jahr. Da nämlich im weiteren Verlauf des 90-minütigen Rennes Regen angekündigt war, sollte er versuchen, so lange wie möglich auf Slickreifen draussen zu bleiben, um einen ausserplanmässigen Boxenhalt zu vermeiden. Denn, für den 3-minütigen Pflichtboxenstop gibt es ein genau definiertes Zeitfenster. Dieses beginnt 30 Minuten nach dem Start und endet 30 Minuten vor Fallen der Zielflagge. Davor oder danach gilt der Boxenstop als nicht absolviert und muss wiederholt werden, sonst droht eine Zeitstrafe. Der Plan war, es auf Slicks irgendwie in dieses Zeitfenster zu schaffen, dann zu stoppen und sowohl die Fahrer zu wechseln, als auch Regenreifen aufzuziehen. Und das Ganze am Liebsten in den vorgegebenen 3 Minuten. Gewagtes Unterfangen. Aber man wollte ja nach vorne kommen, weg von P46, also volles Risiko.

Und auch Andreas hatte sich einiges vorgenommen. Mit vereinten Kräften war die Alpine A110 wieder zum Leben erweckt worden, er konnte also starten.

Pünktlich um 18:20 schaltete die Ampel auf Grün, die wilde Meute hetzte los. Marc erwischte dabei gleich einen Bombenstart. Innerhalb weniger Runden war er bereits knapp 10 Plätze nach vorne gefahren, kämpfte munter im Mittelfeld. Auch für Andreas lief es gut, mischte ebenfalls im Mittelfeld mit.

Ein Blick in den Himmel verhieß jedoch Ungemach. Es wurde immer dunkler, und das nicht nur wegen der fortgeschrittenen Tageszeit. Sollte die Nummer am Ende doch nicht aufgehen? Es schien so, denn nach genau 22 Rennminuten, also 8 zu früh, vielen die ersten Tropfen. Das kann ja heiter werden. In Windeseile verwandelte sich die Nürburgring GP-Strecke in eine regelrechte Rutschbahn. Die Slickreifen hatten absolut keinen Grip mehr. Marc und Andreas ruderten quasi nur noch durch die Gegend, hielten ihre Fahrzeuge aber tapfer und routiniert auf Kurs. Andere hatten da weniger Glück, segelten mehrfach von der Piste. Das grenzte schon an Wasserballett.

Denn jetzt fing es an, richtig zu schütten. Und da kam, wie aus heiterem Himmel, die Rettung, nämlich eine Full Course Yellow Phase. Diese wurde benötigt, um ein bisschen auf der Strecke aufzuräumen. Ein wahrer Segen für die MCKler, denn die geforderten 60km/h waren auch mit Slicks locker zu schaffen.

Und dann, tatsächlich die Erlösung. Nach genau 32 Minuten bog Marc in die Box ab, man hatte es geschafft, das Boxenfenster war offen, der Stop konnte planmässig und immer noch unter Full Course Yellow, was auch noch weniger Zeitverlust bedeutete, durchgeführt werden. Jetzt musste nur noch alles klappen.

Kein Problem für die routinierte und top vorbereitete Brauneiser-Truppe. In Windeseile waren Regenreifen aufgezogen und Hans Gerd nahm im Auto Platz, bereit seine herausragenden Qualitäten bei feuchtem Untergrund abzurufen. Und auch die letzte Hürde wurde erfolgreich gemeistert, nach guten 3 Minuten rollte der Gruppe 1B Ford Escort wieder zurück auf die inzwischen komplett geflutete Strecke, bereit für die letzten, harten 55 Rennminuten.

Auch Andreas war natürlich inzwischen an die Box gekommen, jedoch dauerte es bei ihm etwas länger mit dem Stop. Nach erheblichem Zeitverlust ging aber auch er mit Regenreifen wieder ins Rennen.

Bei äusserst kritischen Sichtverhältnissen setzte Hans Gerd zu einer Aufholjagd an, die Ihresgleichen suchen sollte. Furchtlos schnellte er durch den Regen, überholte dabei ein Fahrzeug nach dem Anderen, machte auch vor wesentlich stärkeren Mitbewerbern mit 4-Ventil-Motoren keinen Halt. Beim Positionskampf spielte er seine ganze Erfahrung aus, machte Platz um Platz gut, umschiffte seine Gegner wie einst Olaf Manthey beim 1000km Regenrennen 1983, gehörte teilweise zu den 10 schnellsten Autos im Feld.

Anders leider bei Andreas. Seine Alpine hatte urplötzlich erneut technische Probleme. Verzweifelt versuchte er sich noch bis an die Box zu schleppen, blieb dann aber leider genau vor der Boxeneinfahrt stehen. Dies war sein Glück im Unglück, denn da konnte man ihn ja nicht stehen lassen. In kurzer Zeit war ein Abschleppwagen angerückt, der Andreas freundlicherweise zurück in die Boxengasse zog. Nach kurzer Suche wurde die Equipe Berlinette Mannschaft fündig und konnte das Problem lösen, weiter ging die Reise für ihn.

Während andere ausfielen, sich drehten oder gar aufgaben war Hans Gerd derweilen schon in Sichtweite der Top 20 im Gesamtfeld angekommen. Mit ein wenig Glück sollte sogar eine Top 15 Platzierung drin sein. Jedoch blieben die Bedingungen weiter schwierig. Ausserdem verlangsamte sich die Aufholjagd etwas, da die vorausfahrenden Mitbewerber natürlich ihre Ränge auch nicht kampflos aufgeben wollten. Auf Platz 18 angekommen, war dann erstmal Schluss. Der 17. wehrte sich mit Händen und Füssen, machte Hans Gerd das Leben wirklich schwer. Kurz vor Schluss gab es dann auch noch ein leichte Berührung mit einem überrundeten Fahrzeug bei einem Ausweichmanöver, zum Glück wurde aber nur etwas Blech kaltverformt.

Andreas war ebenfalls noch unterwegs, hatte inzwischen aber noch einen Boxenstop einlegen müssen. Somit befand er sich inzwischen in hinteren Teil des Feldes, aber noch in Wertung.

Als nach 90 Minuten dann die Zielflagge geschwenkt wurde war es tatsächlich vollbracht. Die Aufholjagd der Brauneiser-Truppe war geglückt, Rang 18 war es letztendlich geblieben. Somit hatte man sage und schreibe 28 Plätze im Rennen gutgemacht, soviel wie kein anderes Auto im Feld. Aussergewöhnlich. Eine absolut herausragende Leistung. Fahrer, Taktik, Team, Fahrzeug, heute hatte einfach alles funktioniert. Und so wird der 52te Nürburgring Oldtimer-GP wohl noch lange in Erinnerung bleiben. Als weitere absolute Meisterleistung des Teams Brauneiser-Renntechnik.

Doch auch Andreas hatte es letztendlich noch in Wertung ins Ziel geschafft. Rang 39 im Gesamt war es zum Schluss geworden, dazu natürlich aber auch noch der Klassensieg. Chapeau.

In 6 Wochen gibt es dann den Langstreckenklassiker, die 1000Km… na klar, wieder am Nürburgring!